Matthias Wittekindt

Die Tankstelle von Courcelles
Erschienen 2018 in der Edition Nautilus

Ohayons erster Fall – Matthias Wittekindts neuer Kriminalroman ist das Prequel zu seinen hochgelobten Fleurville-Krimis. Die Vogesen in den 1970er Jahren: grün, friedlich, ein wenig am Rand von allem. Hier wächst abgeschieden eine Gruppe von Kindern zu Jugendlichen heran, die mehr oder weniger subtile Rangkämpfe ausfechten.
Als Lou, die nachts an der Tankstelle jobbt, Zeugin eines Verbrechens wird, ändert sich alles: ein erschossener Fahrer neben seinem Auto, ein verwaister Lieferwagen, aus dem Spender gerissene Papiertücher, als hätte jemand dort etwas gesucht – was ist passiert?



»Matthias Wittekindt versteht es wie keiner, aus einem alltäglichen Ereignis ein Netz aus Verunsicherungen, Verdächtigungen, Selbstbeschwichtigungen zu knüpfen. Ein Fixstern der zeitgenössischen Kriminalliteratur.«
Tobias Gohlis, DIE ZEIT
 


Der Unfall in der Rue Bisson
Erschienen 2016 in der Edition Nautilus

Ein literarischer Krimi über die Unschärfen der Wahrheit
– der neue Roman des Krimipreisträgers Matthias Wittekindt!


Ein betrunkener Fahrer, Regen, eine alte Straße mit wassergefüllten Spurrillen. In der Rue Bisson hat es einen tödlichen Autounfall gegeben. Doch war es wirklich ein Unfall? Warum ist Michel Descombes so schnell gefahren, als sei er auf der Flucht?
Lieutenant Ohayon beginnt, im Freundeskreis des Fahrers zu ermitteln. Diese Leute gehören zu den Gewinnern im aufstrebenden Fleurville: Sie treffen sich regelmäßig zu Sport und Drinks im Lacombe, dem exklusivsten Club der Stadt. Sie arbeiten als Makler, Versicherer, Psychiater, eine hat ein Tonstudio. Ganz offenbar die typische aufstrebende Schickeria, aber was wissen sie selbst über sich, über einander, und was davon geben sie preis? Und was bereitet Alain Chartier, dem besten Freund des Toten, solche Sorgen, dass sein Leben aus der Spur zu geraten scheint wie Michels Auto? Einige Leute aus dem Kreis scheinen sofort verdächtig, aber schon bald ist nichts mehr so, wie es zuerst schien in diesem Gespinst aus Spekulationen, aus Freundschaftsdiensten und Angst vor Gesichtsverlust, in dem sich selbst Ohayons Intuition zu verheddern droht. Und der allwissende Erzähler ist zwar kommentierfreudig, aber eher unzuverlässig. Wittekindt’sche Unschärfenarration at its best!

Platz 5 der KrimiZEIT-Bestenliste


Ein Licht im Zimmer
Erschienen 2014 in der Edition Nautilus

Bauge, eine kleine französische Hafenstadt in der Bretagne, im November. Der Küste vorgelagert wird gerade ein großes Strömungskraftwerk gebaut, die Arbeiter kommen fast alle aus China und sind in einem Lager quasi kaserniert. Als man Leichenteile findet und eine Frau im Park überfallen wird, fällt der Verdacht schnell auf die Fremden.
Sergeant Ohayon, zur Verstärkung aus Fleurville beordert, muss sich mit den Geheimnissen und Allianzen in dieser kleinen Stadt auseinandersetzen: Die unerklärlichen Ereignisse häufen sich. Ganz in der Nähe der Stelle, an der die Frau überfallen wurde, wird ein Mädchen überfahren, der Fahrer ist flüchtig. Aber warum geriet sie überhaupt mitten in der Nacht an dieser gefährlichen Stelle auf die Straße? War sie vor etwas auf der Flucht? Zwischendurch lässt Wittekindt den Leser dem wahren Mörder über die Schulter schauen. Nur, für welche Taten ist dieser Mörder wirklich verantwortlich? Der neue Band mit dem dicken, ständig unterschätzten Ohayon fesselt durch die Figuren und die schwebende Stimmung – ein Roman wie ein französischer Film!


Marmormänner
Erschienen 2013 in der Edition Nautilus

Bei Bauarbeiten für ein neues Luxuswohnquartier in Fleurville werden verwitterte Kleidungsstücke gefunden. Gehören sie einem der »Marmormänner«? Dieser über 40 Jahre alte Cold Case ist in der Kleinstadt inzwischen zu einer Legende geworden. 1970 war in einem ölverschmierten Drainageschacht einer Baustelle die nackte, durch das Öl wie marmorierte Leiche eines Mannes gefunden worden, drei weitere Männer wurden kurze Zeit später als vermisst gemeldet.
Sie wurden nie gefunden, auch kein Täter. Doch dieses Mal nimmt sich Marie Grenier von der Spurensicherung des Falls an und rückt den von vielen Legenden überwucherten Fakten systematisch zu Leibe. Gleichzeitig soll der träge Sergeant Ohayon einen Vater finden, der versucht hat, seine kleine Tochter bei der Tagesmutter zu entführen. Zuerst scheint das Routine, doch dann verschwindet auch die Mutter des Mädchens, und Ohayon stößt auf ein merkwürdiges Beziehungsgeflecht, in dem die Opfer die Täter zu decken scheinen und unerwartete Parallelen zu den »Marmormännern« auftauchen.
Das aus Wittekindts letztem Roman Schneeschwestern bekannte Ermittlerteam um Kommissar Roland Colbert löst hier zwei miteinander verwobene Fälle.

Deutscher Krimipreis 2014, 3. Platz
Platz 5 der KrimiZEIT-Bestenliste


Schneeschwestern
Erschienen im Verlag Edition Nautilus

Im Wald von Fleurville wird die sechzehnjährige Geneviève tot aufgefunden. Sie war mit drei betrunkenen Jungs zum Knutschen in den Wald gefahren, einer von ihnen gilt als gewaltbereit. Die Lokalzeitung bekommt einen anonymen Hinweis auf einen Sexualstraftäter aus Deutschland. An Verdächtigen herrscht kein Mangel. Doch dann tauchen immer mehr Ungereimtheiten auf: Woher wusste der anonyme Anrufer so unmittelbar nach dem Mord von der Tat? Und welche Rolle spielt Kristina, Genevièves beste Freundin? Das Team der Ermittler gerät aus dem Takt. Ausgerechnet der vernünftige Kommissar Colbert gerät ins ins Trudeln, die Vorstellung, dass eine Sechzehnjährige die Täterin sein könnte, wirft ihn aus der Bahn. Sergeant Ohayon hingegen ist so faul und langsam, dass man es fast als Böswilligkeit bezeichnen könnte. Für Marie Grenier von der Spurensicherung ist ein Mordfall nichts anderes als Arbeit. Und Sergeant Conrey ist leider immer zu schnell, mit allem. Wie sich diese unterschiedlichen Menschen bei den Ermittlungen gegenseitig bedingen, behindern und fördern, nimmt eine zentrale Stelle im Roman ein. Auch der Mörder ist Teil dieses Ensembles. In ihm wirkt am stärksten, was sie alle bewegt: der vergebliche Versuch, seinen Trieben mit Vernunft beizukommen. Ausgerechnet Ohayon, dem kaum einer etwas zutraut, kommt ihm auf die Spur.

Einige Kritiken für Schneeschwestern:

»Der Tonfall dieses Krimis hat mir gut gefallen. (...) Wittekindt behandelt den Tod als Rätsel, als etwas, was zwar aufgeklärt werden muss, aber doch gleichzeitig rätselhaft bleibt.«
Tobias Gohlis Krimiforum, NordwestRadio

»Wittekindts Ideen reichten allemal für einen vorzüglichen Kriminalroman. (...) Wie bei den meisten guten Krimis kommt es auch bei »Schneeschwestern« weniger auf die Raffinesse der Handlung an als auf den besonderen, eigenen Ton und Blick auf die Welt. Sanfte Ironie, zarter Spott klingen immer wieder an in Wittekindts Text; doch seine Personenzeichnung beruht auf einer feinen, menschenfreundlichen Beobachtungsgabe. Hier wird nicht schwarz oder weiß gemalt – außer bei der Landschaftsbeschreibung, es ist Winter –, hier haben alle Figuren ihre Seelen-Schattierungen. (...) Hier machen die Ermittler kleine, aber beharrliche Schritte. Diese Krimi-Kennerin jedenfalls hat sie und ihre Vergesslichkeit ins Herz geschlossen.«
Sylvia Staude Frankfurter Rundschau ,29. September 2011


»Wer je die Angst um eigene Kinder kennengelernt hat, wird sich aus dem Sog kaum befreien können, den dieser Kriminalroman entwickelt. Ihn des Nachts, gar im Kalten zu lesen, während die eigenen Kinder „noch mal kurz weg“ sind, wird nur seelisch Vereisten gelingen. (...) Wittekindt benutzt diese Angst vor dem Triebtäter, um die Leser ihrer wilden Sehnsucht nach funktionierender Strafe zu überführen, und er entwickelt unbeirrt mehrere Erzählstränge , aus denen schließlich hervorgeht, wer das Mädchen erschlug. Wahrscheinlich.«
Elisabeth von Thadden ZEIT-Literatur, Krimi-Spezial, November 2011

»Matthias Wittekindt, geboren 1958, legt mit ›Schneeschwestern‹ ein richtig klasse Krimidebüt hin. Großartig, mit wie viel Fingerspitzengefühl er die Charaktere seiner Geschichte entwickelt; überzeugend, wie er behutsam, aber zwingend Stimmung, Atmosphäre und Spannung aufbaut; packend, wie er aus der Vielstimmigkeit der Mitwirkenden das Ganze einer runden Geschichte baut – und dabei doch nicht davor zurückschreckt, das eine oder andere Ende unverknüpft und offen zu lassen. ›Schneeschwestern‹ ist eines der seltenen Bücher, denen man dauerhafte Präsenz im Regalteil mit den Lieblingstiteln zutraut. Wer zeitgemäße Genreliteratur aus Deutschland sucht, der wird hier bestens bedient.«
Ulrich Noller WDR, Funkhaus Europa

weitere Kritiken gibt es hier ->


Mein erster Roman heißt „Sog“ und ist bei Eichborn Berlin erschienen.
 
Was haben Stephan Seiters, Therese Kotowski, Elsa Steinert und Thomas Stimmann gemeinsam? Sie sind Menschen wie Du und Ich. Sie fahren in einem Zug von Berlin nach Hannover oder von Köln nach Paris. Sie haben kleine Probleme und große. Winzige Ereignisse hinterlassen bei ihnen große Erschütterungen. Große Dramen gehen spurlos an ihnen vorüber. Therese z.B. ist schwanger. Von Seiters. Der weiß das noch nicht und wird in Köln eine andere Frau kennenlernen. Während Therese von ihrem Chef umgarnt wird. Matthias Wittekindt wirbelt in einem konsequenten Roman des Nebeneinanders seine Figuren umeinander. Alltägliches wird spannend wie ein Krimi - und zieht den Leser in einen unwiderstehlichen Sog.

Eine Kritik von Harald Martenstein zu Sog:

Der Zufall entscheidet
Matthias Wittekindt verspürt einen „Sog“
Von Harald Martenstein - Tagesspiegel

Die spannendste aller Geschichten handelt vom eigenen Leben. Nach welchem Rezept mischen sich der Zufall, die Gene, der historische Moment, wie kommt es, dass man zu einem bestimmten Moment in einer bestimmten Stimmung an einer bestimmten Stelle ist, jemanden kennen lernt, jemanden verlässt, das eine Angebot annimmt, das andere ausschlägt? Wie kommt dieses Wesen zustande, das man „ich“ nennt? Wie wäre es geworden, wenn man an dieser oder jener Kreuzung den anderen Weg genommen hätte? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Literatur, seit es sie gibt. Auch Matthias Wittekindt tut es in seinem Roman „Sog“.

Der Knoten zieht sich zusammen
Stephanie Seiters, die Tochter, soll mit der Schule aufhören und einen Beruf lernen. Ihre Mutter und ihr Stiefvater stoßen sie aus dem Nest. Jean, der Stiefvater, hat sich verändert, auch er spürt plötzlich die biologische Uhr. Er will jetzt doch noch ein eigenes Kind mit Carolin, der geschiedenen Frau von Stephan Seiters. Stephanie erinnert sich plötzlich wieder an ihren leiblichen Vater, ruft ihn an. Auch hier zieht sich der Knoten verschiedener Lebensfäden zusammen. Im ICE Ricarda Huch von Berlin Richtung Hannover sitzt, nicht weit entfernt von Stephan Seiters, auch Sabine Ruthkowski, 42, Lehrerin, attraktiv und einsam, auf dem Weg zu ihrem Therapeuten in Amsterdam. Im gleichen Zug sitzt auch Elsa, eine alte Frau, die sich an einen Moment des Glücks erinnert, den einzigen, mit einem Mann, an dessen Namen sie sich nicht mehr erinnert, der aber der Richtige gewesen wäre. Sie hat es verpasst. Sie wird bald sterben, aber das weiß sie noch nicht.
 
Es ist ein Buch über die Vierzigjährigen, über letzte Chancen auf der Kippe zwischen Jugend und Alter. Jetzt fängst du noch mal von vorne an – oder niemals mehr. Jetzt kriegst du ein Kind oder nie. Jetzt wirst du die Dämonen deiner eigenen Kindheit los oder nie. Es hängt fast alles von Zufällen ab.
Wittekindt, Jahrgang 1959, arbeitet als Architekt und Drehbuchautor, er ist Träger des Berliner Architekturpreises. Sein erster Roman erzählt erwartungsgemäß „filmisch“, beim Lesen spürt man die Schnitte, ahnt Überblendungen, erkennt das Split-Screen-Verfahren, bei dem verschiedene Szenen gleichzeitig auf der Leinwand zu sehen sind. Es klingt, als ob der Autor einen Film erzählt, den er kürzlich gesehen hat.
Literaturkritiker mögen so etwas normalerweise nicht. Sie wittern zu Recht die Missachtung dessen, was Literatur ausmacht: Sprache. Die Dinge hinter den Bildern und hinter der Story. Aber Wittekindts Erzählen erschöpft sich nicht in der filmischen Methode, sondern fängt damit erst an. „Sog“ besitzt Tempo, Rhythmus, Suggestionskraft, Lakonie, dann wieder Pathos, das Buch ist mehr als einfach nur ein in Prosa übertragener Film, es ist ein souveränes Sprach- und Stilwerk, ein Roman, der den Alltag wie eine atemlose Kriminalgeschichte erzählt und die Lebenskrisen seiner Figuren mit Suspense und Geheimnis auflädt, als sei es eine Story von Hitchcock. „Sog“ macht mit Hilfe von Sprache alltägliche Lebenskrisen zu dem, was sie für jeden sind, dem sie widerfahren: welterschütternde, schwer durchschaubare Dramen. Wird das Kind geboren oder abgetrieben? Wird Stephanie ihrem Stiefvater den Kinderwunsch verzeihen? Wird Sabine Ruthkowski lernen, worauf es ankommt, und worauf kommt es an?
Der Autor blickt auf seine Figuren von weitem, wie jemand, der im Kino sitzt. Er lässt sich aber, wie im Kino, von ihnen berühren. Das macht die eigentümliche Tonlage des Romans aus. Ein sentimentaler Naturalismus.
„Sog“ ist kein ironisches Buch.
Es ist auch ein Buch über die Zeit. Weil wir der Zeit ausgeliefert sind, sie aber nicht verstehen können, ist „das Leben letztlich etwas Abstraktes“, wie Wittekindt schreibt. „Es gibt keine sinnliche Beschreibung der Zeit.“ Er versucht es. Einerseits verlaufen die Handlungsstränge gleichzeitig und werden so beschrieben: „Alle Dinge geschehen in einer Art Raum.“ Andererseits beschwört „Sog“ die Erinnerung seiner Figuren, ein chaotisches Archiv von Momentaufnahmen, Trümmer von Zeit, die nach unbekannten Regeln ausgespuckt werden und unsere Handlungen in der Gegenwart mitbestimmen. Im Aggregatzustand „Erinnerung“ aber wird Zeit auf einmal konkret. Stephan Seiters wäre als 13-Jähriger fast ertrunken. Die Erinnerung an einen Sog taucht immer wieder in ihm auf, sie ist Teil von ihm. Als er seiner fremden Tochter gegenübersitzt, die sich mit Selbstmordabsichten trägt, spricht sie über das Gefühl, unter Wasser zu sein, über den Sog. In dieser Sekunde entscheidet sich das Verhältnis zwischen Vater und Tochter. Eine gemeinsame Empfindung verbindet stärker als eine gemeinsame Meinung.
Auch an den Dingen klebt auf geheimnisvolle Weise Leben. Seiters geschiedene Frau wirft das letzte Kinderspielzeug ihrer 17-jährigen Tochter in den Müll, einen gelben Mond aus Stoff mit Spieluhr. Das ist ein herzzerreißender Moment, eine Art Weltuntergang. Seiters malt Linien auf Papier. Eine Gewohnheit. Vielleicht hängt es mit dem Sog zusammen. Als seine Frau ihm sagt, dass sie ihn verlassen und die Tochter mitnehmen wird, malt er gerade und kann sich nicht wehren. „Die Linien bedeuten Stephan Seiters so viel, dass er ihretwegen vor fünfzehn Jahren sein Kind hergab. Ohne viele Gedanken, denn er war woanders.“
„Sog“ ist ein ziemlich großartiger Roman.


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